Blutspenden bei huntington?!


Blut ist ein wichtiges Notfallmedikament. Es kann nicht künstlich hergestellt werden. Ob nach einem Unfall, bei einer Geburt oder für Patienten mit bestimmten Erkrankungen: in Österreich werden rund tausend Blutkonserven benötigt – täglich. Da diese Konserven nur etwa sechs Wochen haltbar sind, ist für die Versorgung der Patienten ein beständiger Nachschub erforderlich. Dies gelingt nur bei hoher Spendenbereitschaft der Bevölkerung. Betroffene der Huntington-Krankheit gehen häufig davon aus, dass sie ihrer Erkrankung wegen von der Möglichkeit des Blutspendens ausgeschlossen sind. In der Tat sind die Zulassungskriterien für das Blutspenden sehr streng, denn es geht um nicht weniger als die Sicherheit des Spenders und die des Empfängers. Diese hat oberste Priorität.

 

Jede Blutspende beginnt daher mit einem Fragebogen, um zu beurteilen, ob man als Blutspender geeignet ist. Um dies abzusichern, folgt ein kurzer, medizinischer Check zu Körpertemperatur, Puls, Blutdruck und Blutfarbstoff. Erst danach wird die Blutspende entnommen – ein knapper halber Liter. Empfohlen wird nachfolgend eine kurze Erholungspause, wonach man mit dem guten Gefühl nach Hause gehen kann, dass man einem anderen Menschen helfen und vielleicht sogar dessen Leben retten wird.

 

Das entnommene Blut wird im Labor mehreren Sicherheitstests unterzogen, in einzelne Komponenten getrennt und zu unterschiedlichen Blutprodukten verarbeitet. Danach wird es an Spitäler für die Versorgung der Patienten ausgeliefert.

 

Verschiedene Ausschlusskriterien engen den Kreis der potentiellen Spender ein. Demnach dürfen gesunde Menschen erst ab dem 18. Lebensjahr Blut spenden; nach oben gilt eine Altersgrenze von 70 Jahren (in Deutschland von 68 Jahren). Das Körpergewicht muss mindestens 50 Kg betragen. Ausgeschlossen sind aus naheliegenden Gründen – je nach Merkmal dauerhaft oder zeitlich begrenzt – vor allem Personen, die bestimmte Medikamente einnehmen müssen, die unter Allergien oder akuten Infektionskrankheiten leiden, die von einer Reise aus Malaria-Gebieten heimkehren, bei Diabetes, Epilepsie, nach Impfungen (aktuell Corona) oder bei bestimmten Autoimmunerkrankungen. Insgesamt sollen die Blutspenden dadurch für den Empfänger so sicher wie möglich gemacht werden. Zu Einzelheiten dieser und weiterer Einschränkungen informieren Arzt oder Gesundheitseinrichtungen.

 

Sofern vorgenannte Einschränkungen auf sie nicht zutreffen, unterliegen Betroffene der Huntington-Krankheit nicht den grundsätzlichen Ausschlusskriterien. Die Erkrankung ist genetisch bedingt, nicht ansteckend und nicht durch Blut oder andere Körperflüssigkeiten übertragbar. Insofern steht diesem Personenkreis nichts im Wege, durch Blutspenden anderen Menschen zu helfen.

 

Wie bei allen medizinischen Maßnahmen, gibt es neben den erwünschten Wirkungen stets unerwünschte. Für den Spender verläuft die Blutabgabe in der Regel ohne Komplikationen – von gelegentlichem Unwohlsein abgesehen – denn die Materialien sind steril und werden nur einmal verwendet. Die Spende bietet im Gegenteil mehrere Vorteile. Neben dem Wissen, etwas Gutes getan zu haben, durchläuft man einen kleinen Gesundheitscheck mit Blutdruckmessung, Blutgruppenbestimmung, Test des Bluts auf seinen Eisenwert und auf Infektionskrankheiten. Darüber hinaus gilt für Patienten mit Bluthochdruck, dass regelmäßiges Blutspenden den Blutdruck senken und so das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringern kann.

 

Für den Empfänger einer Bluttransfusion sieht diese Bilanz etwas risikoreicher aus – sie reicht von Leben bis Tod. Auf der einen Seite kann, z.B. nach unfallbedingtem hohem Blutverlust, eine rechtzeitige Transfusion das Leben retten. Auf der anderen Seite kann diese, wenn im Spenderblut ein Krankheitserreger nicht erkannt wird oder der Körper des Empfängers die fremden Blutkörper abwehrt, lebensbedrohend sein. Und zwischen diesen beiden Extremen gibt es eine ganze Reihe möglicher Spätfolgen, über die der Arzt aufklären muss. 

 

Dennoch: bei akutem Blutbedarf (Unfall) dürfte man wohl für jede Gabe dankbar sein und das Risiko von Spätfolgen auf sich nehmen. Sofern man letzteres nicht einzugehen bereit ist, kann man dies in einer Patientenverfügung bestimmen. Dagegen kann man bei einem planbaren operativen Eingriff rechtzeitig für Eigenblut-Konserven sorgen und auf diese Weise das Risiko unerwünschter oder gefährlicher Wirkungen minimieren. Dies zu entscheiden unterliegt der eigenen Verantwortung des Patienten.

 

Insgesamt ist eine Infusion von Fremdblut, wie so vieles andere im Leben, eine Sache der Güter- bzw. Risikobewertung, nämlich ob der mögliche Nutzen größer ist – oder der denkbare Schaden. Für die Bereitschaft zu einer Blutabgabe jedoch sollte man sich immer vor Augen halten: Blutspenden kann Leben retten. Auch Huntington-Patienten können dazu einen Beitrag leisten. Viele Spitäler, das Rote Kreuz, kommunale und private Blutspendedienste bieten dazu die Möglichkeit.

 

Autor: Ekkehart Brückner                                                                                                                                                                                                                                                      Stand: Juli 2022